1 August 2024
Zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema Addressable TV (ATV) sind in der kürzeren Vergangenheit erschienen. Zu nennen ist hier beispielsweise das Glossar Advanced TV des BVDW oder auch der IAB Europe Guide to Connected TV – beide aus dem Juni dieses Jahres. Sie bieten einen äußerst umfangreichen und hilfreichen Überblick über die zahlreichen Begrifflichkeiten in dieser immer noch sehr jungen Gattung der digitalen TV- und Videowerbung.
Aus der Vermarkterperspektive zeigt sich jedoch, dass insbesondere in der Planung von Mediastrategien und der konkreten Umsetzung von Kampagnen nicht genügend Klarheit herrscht. Es gibt im Markt kein einheitliches Verständnis von Addressable TV-Werbung, was schnell zu Unsicherheiten und damit insbesondere auf der Einkaufsseite zu Zurückhaltung führen kann.
Wir möchten Agenturen und Werbekunden und speziell den Abteilungen, die für die Planung- und Umsetzung im Bereich Addressable TV-Werbung zuständig sind, einen besseren Überblick verschaffen.
Addressable TV versus Digital Video: Eine Abgrenzung
Eine sinnvolle Abgrenzung von Addressable TV zu anderen Disziplinen des Digital Video Advertising erfolgt über die Betrachtung der Distribution von Werbung und Inhalten. Aktuell gelernt ist primär, dass sich ‘Addressable TV’ auf die Ausspielung von adserverbasierter Werbung im klassischen 1-to-many Broadcast bezieht. Im Bereich des Digital Video & OTT werden sowohl Inhalte als auch Werbung 1-to-1 über Internettechnologien verbreitet. Der Standardisierungsgrad, z.B. für den programmatischen Mediaeinkauf, ist in dieser Disziplin weiter vorangeschritten.
Addressable TV | Digital Video | |
Inhalte | BROADCAST 1-to-many Klassische lineare TV angebote, deren Inhalte den konventionellen Broadcast wie bspw. Kabel, Antenne oder Satellit ausgetrahlt werden. | INTERNET 1-to-1 Digitale Video und OTT Angebote, die über das Internet distribuiert werden, und sowohl on-demand als auch linear verfügbar sind. |
Werbung | INTERNET 1-to-1 In beiden Fällen wird die Werbung 1:1 über das Internet ausgespielt und ist damit mittels Auslieferung über einen AdServer adressierbar. | INTERNET 1-to-1 In beiden Fällen wird die Werbung 1:1 über das Internet ausgespielt und ist damit mittels Auslieferung über einen AdServer adressierbar. |
Programmatischer Einkauf von Addressable TV exklusiv über d-force
Eines der wohl wichtigsten Merkmale für Agenturen und Werbetreibende ist der Zugang zu den jeweiligen Media-Inventaren. In diesem Bereich lässt sich eine klare Unterscheidung mittels der Betrachtung des programmatischen Einkaufs treffen. Das in Deutschland verfügbare Addressable TV-Inventar ist programmatisch ausschließlich über die von der d-force dedizierte Active Agent DSP verfügbar. Im Bereich des Digital Video & OTT hingegen sind die Inventare über die gängigen DSPs erreichbar.
Addressable TV | Digital Video | |
Einkauf | d-force Zugang zur exklusiven programmatischen Plattform Addressable TV Advertising ist ein realativ junger Bereich, welcher maßgeblich von den TV Sendern selbst gestaltet wird. d-force, ein Joint Venture der Mediengruppe RTL und ProSiebenSat1, bietet über die Active Agent DSP eine exklusive programmatische Einkaufsplattform für ATV in Deutschland. | DSPs (xandr, The Tradedesk, Mediamath, Active Agent u.a.) Der Markt kann als durchlässig bezeichnet werden, da exklusive SSP-DSP Beziehungen eher die Ausnahme sind. Der Zugang zu den Inventaren ist über die gängigen Einkaufsplattformen gemäß eines standardisierten OpenRTB-Protokolls des IAB möglich. |
Inventar | Alle großen Sendergruppen wie RTL und Pro7, aber auch zahlreiche Regional- und Nischensender bieten Addressable TV Advertising mittels HbbTV-Technologie an. Zu den aktuell knapp 18 Mio. adressierbaren TV Geräten gibt es in Deutschland keine alternativen Angebote mit signifikanter Reichweite. | Beispielsweise das On-Demand Angebot TVNOW der Mediengruppe RTL oder joyn als Plattform einiger großer Sendergruppen wie unter anderem Pro7 und Discovery. Darüber hinaus weitere Plattformen wie Waipu oder Zattoo, sowie zahlreiche senderunabhängige Online-Video Angebote. |
Addressable TV Advertising findet im “klassischen” Fernsehen statt
Fast alle gängigen Smart TVs beinhalten den HbbTV-Standard. Mittlerweile sind fast 18 Mio. TV-Geräte in Deutschland über HbbTV adressierbar. Dies ermöglicht den Sendern die Ausspielung von Werbung innerhalb der bestehenden TV-Reichweiten. Addressable TV-Werbung kann sowohl Videoformate in der bestehenden Werbeinsel bespielen, aber auch auf Sonderformate wie das SwitchIn XXL innerhalb des Contents.
Addressable TV | Digital Video | |
Formate | Zahlreiche Formate außerhalb der klassischen TV-Werbeinsel haben sich etabliert. Das gängigste Format ist hier das SwitchIn XXL. Es werden auch Videoformate wie z.B. der Target-Spot oder der SwitchIn-Spot vermehrt nachgefragt. | Im Bereich des Video-Advertising sind die gängigsten Formate das Pre-Roll, Mid-Roll und Post-Roll. Aufgrund der verbreitung von SSAI steigt das Angebot TV ähnlicher, adressierbarer Videoformate zunehmend an. |
Endgeräte | Alle Smart TVs, die über den HbbTV-Standard die Verschmelzung von Broadcast-Inhalten und digitaler Werbeausspielung innerhalb des TV Programms ermöglichen. | Alle digitalen Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Desktop PCs, sowie auch internetfähige, “smarte” TV-Geräte über die dort installierten Apps. |
Fazit & Ausblick
Addressable TV-Werbung ist ein beeindruckender Beweis wie schnell sich die Grenzen innerhalb der Werbe- und Medienlandschaft verschieben und aufweichen. Die hier getroffene Abgrenzung von Addressable TV zu anderen bereits etablierten digitalen Werbeangeboten kann daher nur eine Bestandsaufnahme zum heutigen Zeitpunkt sein. Die klassische Fernsehwerbung hat sich in jüngster Zeit stark in Richtung personalisierter Werbeerlebnisse weiterentwickelt und trägt bereits zu Recht die Bezeichnung ‘Advanced TV’.
Das bestätigt auch Michael Paluszkiewicz, Director Sales Addressable TV bei der Ad Alliance: „Wir haben hier in Deutschland mit der d-force eine weltweit einmalige Infrastruktur geschaffen, die einen Einkauf und Aussteuerung der ATV Inventare über die gesamte werbefinanzierte Fernsehlandschaft hinweg über ein Interface abbildet. Insbesondere die neuen individualisierten und datenbasierten Targeting-Möglichkeiten bieten eine hocheffektive Kampagnensteuerung im TV mit dem Ziel der Netto-Reichweitenmaximierung. Hinzu kommen Möglichkeiten der regionalisierten Marktbearbeitung, kreatives Storytelling sowie Kontaktklassenoptimierung.”
Fakt ist, eine wichtige Rolle in dieser Entwicklung werden die Plattformen und Services spielen, die linearen TV Content gänzlich digital distribuieren: CTV- und IPTV-Angebote, sowie Lösungen der TV-Gerätehersteller. Die Überwindung von Grenzen über den gemeinsamen Nenner der digitalen Werbeinfrastruktur bietet den Sendern einzigartige geräteübergreifende Cross-Device-Produkte. Augenscheinlich ist jedoch auch, dass je enger die Welten werden, die Terminologien weitere Anpassungen erfahren werden – mal enger, mal weiter gefasst. Die definitorische Klammer in der aktuellen Marktreife zu weit aufzumachen, kann im Mediaeinkauf zu Missverständnissen führen. Das möchte in der aktuellen Marktlage sicher keiner.